Mein „Heimrennen“ entwickelt sich immer mehr zur Wiedergeburtsstunde meiner Laufleidenschaft. Nach genau 4:02 Stunden kam ich ins Ziel.
Aber der Reihe nach. Mit 522 Jahreskilometern hatte ich keine große Hoffnung auf eine Zeit um die vier Stunden. Richtig trainieren konnte ich erst drei Wochen vor dem 1. September. Im Urlaub konnte ich aber einiges in die Beine kriegen, vor allem auch Höhenmeter. Nur die langen Läufe haben mir gefehlt. Zwei Tage vor dem Marathon war klar, es würde sehr heiß werden und so traf ich erste Vorkehrungen.
Zum einen besorgte ich mir noch etwas Verpflegung und auch eine Mütze mit Nackenschutz, zum anderen ging ich es mental an, als ob ich einmal durch die Hölle laufen würde. Um 8:35 Uhr fiel in Ebermannstadt dann der Startschuss. Warum laufe ich hier? Ach ja, aus Tradition. Am Ende sollte es mein 6. FSM über die ganze Distanz werden – nur noch vier bis zum neu gegründeten Jubilee-Club!
Ich fand mich schnell in der Gruppe der 4-Stunden-Pacemaker wieder, denen ich ca. 25 bis 30 Kilometer auf den Fersen bleiben wollte. Ich hielt mich zwar anfangs mit Gesprächen zurück, als jemand aus Sachsen dann aber die Vexierkapelle am Reifenberg als Burg Feuerstein bezeichnete war das Eis gebrochen… äh… das Schweigegelübde und so kam ich auch früh mit den mir bekannten Pacern Tim und Johannes ins Plaudern.
Die Temperaturen waren noch angenehm, bis zum Wendepunkt bei km 26 in Behringersmühle wehte auch ab und an der Wind – es war also gar nicht so schlimm. Aber natürlich war es heiß. Zum Thema Abkühlung komme ich noch.
Kurz vor km 10 machte ich am Haus meiner Eltern (100 Meter von Start und Ziel entfernt an der Strecke) Halt. Meine Schwester reichte mir meinen Laufrucksack, voll bepackt mit Riegeln, Wasser, und was ich sonst noch für erforderlich hielt um diesen Lauf zu überstehen. Doch ich merkte schnell, dass das zu viel des Guten ist. Glücklicherweise hat mir ein Freund eine Nachricht geschickt, ob ich denn dabei bin. Da ich wusste, dass er bei km 18 in Muggendorf ist, habe ich kurzerhand mit ihm vereinbart ihm dort meinen Rucksack zu überlassen. DANKE Michl nochmal für die coole Aktion!
Aus unserer anfänglich 20köpfigen Gruppe wurde naturgemäß irgendwann eine deutlich kleinere. Bei der Wende war ich bereits überrascht wie weit ich ohne Probleme gekommen bin, schließlich war das dann zu diesem Zeitpunkt mein längster Lauf im Jahr 2024. Mir kam erstmals der Gedanke, dass ich vielleicht sogar länger als 30 km dabeibleiben konnte. Die Gruppe war unterhaltsam, die Kilometer fühlten sich nicht lange an und auch ein weiterer Freund kam als Unterstützung hinzu. Benny war mit seinem Mountainbike extra angereist, um mir Getränke zu reichen. Diese wurden dann auch von anderen aus der Gruppe dankend angenommen.
Zusätzlich zur Verpflegung war Wasser das Wichtigste an diesem Sonntag. An jeder Verpflegungsstelle kippte ich mir erst vier Becher über den Kopf, dann füllte ich meine Mütze und knallte sie mir über den Schädel und auf jede Schulter wurde unter das Shirt noch ein nasser Schwamm geklemmt. So hatte ich stets für einen Kilometer Ruhe vor der Hitze.
Es war unglaublich. Ich dachte zwar nicht daran die 4 Stunden zu knacken, aber umso näher ich ans Ziel kam, desto größer war mein Hochgefühl. Das Ziel Nr. 1 schien bald erreicht zu werden. Mit 20 lief ich hier vor 20 Jahren meinen ersten Marathon – als rauchender, aber lauftalentierter Kreisklassenfussballer ohne Vorbereitung. Zielzeit 4:30 Stunden nach einem zweiten Halbmarathon mit dauerhaften Krämpfen. Diese Zeit sollte ich schlussendlich um 28 Minuten unterbieten. An den 30jährigen Parzi (3:55) kam ich zwar nicht heran, die Zielzeit war mir aber an diesem sonnigen Tag wirklich egal.
Meinem Pacer Johannes aber nicht. Bei km 39 musste ich ein paar Meter abreisen lassen. Die Kurve in Streitberg kostete mich zu viel Energie. Lieb gemeint kam er zurück und ich wollte ihm tatsächlich weiter folgen und ZACK! Es deutete sich ein Krampf im rechten hinteren Oberschenkel an. Ich blieb stehen und Benny reichte mir sofort eine Flasche. Die nächsten 300 Meter wurden gegangen und zum Trinken genutzt. Danach ging es tatsächlich weiter.
Philipp, ein weiterer Freund, kam mit seinen Kids auf den Bikes als weitere Unterstützung hinzu. Mein Patenkind Kilian blieb bei Philipp und Benny, seine kleinen Geschwister unterstützten mich den Hügel von Gasseldorf runter, fast bis ins Ziel. Auch ein weiterer Lauffreund (siehe Bericht Berlin-Marathon 2022) war plötzlich auf der B470.
Kurz vor dem Ziel verdrückte ich dann doch eine Träne als ich aus meiner Gesäßtasche ein Bild herauszog. Auf diesem war meine Oma mit mir im Jahr 2012 zu sehen. Ich hatte da gerade wieder mit dem Laufen begonnen. Dieser 1. September war ihr 5. Todestag – ich hatte sie immer bei mir – wie eigentlich an jedem Tag. Nur diesmal noch bewusster. Und immer, wenn ich dachte, es kommen gleich Probleme, sagte ich mehrmals laut zu mir: „Für Oma!“
Mir ist bewusst, dass mit dieser Vorbereitung eine Marathonteilnahme bei diesen Temperaturen nicht empfehlenswert ist und auch ich hatte so meine Bedenken. Ich hoffe, ihr Leser und Supporter könnt mich verstehen. Und so wie es aussieht, war ich voll in meinem Element. Ich war physisch und mental voll auf der Höhe. Und so habe ich wieder einiges um einmal meinen Enkelkindern zu berichten.
Bis dahin
Viel Spaß beim Sporteln!
Euer Parzi
P.S. Gruß nach oben - Oma ist immer dabei!