Die aktuelle Zeit hat auch etwas Gutes. So komme ich zum Laufen mit einem jungen Sportler zusammen, den ich schon seit Jahren sympathisch finde und aufgrund seiner ruhigen und bescheidenen Art sehr schätze. Darüber hinaus ist er in seiner Sportart ein Dominator wie einst Michael Schumacher in der Formel 1 oder Michael Jordan im Basketball. Der einzige Michael bei unserem Treffen bin aber ich. Der junge Mann heißt Lukas Kohl, 4facher Weltmeister im Kunstradfahren.
Kennengelernt habe ich den heute 23jährigen so um 2008. In diesem Jahr konnte eine Jugendkeglerin vom TSV Ebermannstadt mit mir als Trainer zusammen mit der Auswahl des KV Bamberg die Bayerischen Mannschaftsmeisterschaften gewinnen. Erstmals wurden wir zu einer Sportlerehrung der Stadt Ebermannstadt eingeladen. Eine Ehre, die uns in den kommenden zehn Jahren stets wiederfahren sollte. Und auch Lukas Kohl war ab diesem Zeitpunkt jährlich bei dieser Veranstaltung vertreten. Erst als oberfränkischer Meister, dann bayerischer, deutscher, irgendwann Europameister… und heute ist er viermaliger Weltmeister im Einer-Kunstradfahren.
Durch die jährlichen kurzen Gespräche waren wir uns glaube ich schon immer „grün“. Über Facebook haben wir uns stets in unseren sportlichen Aktivitäten unterstützt und den Werdegang des jeweils anderen verfolgt. Während ich als Kegeltrainer und später begeisterter Hobby-Marathonläufer unterwegs war setzte sich Lukas an die Spitze seines Sports und wurde in den vergangenen Jahren zum Aushängeschild der jungen Kunstradfahrszene.
21. Mai, kurz vor 10 Uhr in unserem Heimatort Ebermannstadt. Da steht er vor mir. Nicht im Weltmeister- oder einem anderen Radtrikot. Nein. Er trägt ein Shirt des Fränkischen-Schweiz-Marathons. Hier war er als Leichtathlet oft für die Vergabe der Medaillen an die Finisher zuständig, selbst hat er bisher den 10kmLauf absolviert. Auch heute wollen wir diese Streckenlänge angehen. Per WhatsApp teilte er mir mit, dass er diese in ca. 50 Minuten bewältigen möchte. Für meine Verhältnisse ist das aktuell sogar ein zügiger Lauf.
Nach kurzer Absprache der Strecke laufen wir los. An sich dachte ich, dass ich Lukas etwas befragen werde aber anfangs ist es genau umgekehrt. Ich werde plötzlich mit Fragen nach meiner Motivation für lange Läufe und meiner Leidenschaft befragt. Obwohl ich Läufer und Kegler bin merke ich aber schnell, dass uns hartes Training und die Begeisterung für unsere Randsportarten verbindet. So berichtet mir Lukas viel über seine Radsportkarriere, die ihn normalerweise fast wöchentlich in einen anderen Ort für eine Kür von fünf Minuten führt. Sogar in China war er schon um bei einem Weltcup Werbung für seinen Sport zu machen, der in 24 Ländern ausgeübt wird.
Während wir so plaudern merke ich gar nicht, dass wir etwas schneller werden. Aber Lukas ist fit. Ich will mir gar nicht vorstellen wie anstrengend eine Stunde Handstandtraining ist. Da er mehreren Kadern angehört ist es ihm seit kurzem wieder erlaubt normal zu trainieren. Neben seinem Studium macht er viel Ausgleichssport und ist natürlich viel mit seiner Mutter, die ihn trainiert, in der Halle. Nach unserem Lauf hat er sich noch mit Radkollegen zum Online-Fitness-Programm verabredet. Körperbeherrschung, Kraftausdauer und Coolness sind die wichtigsten Faktoren seines Sports.
Ich frage ihn, warum er die Weltelite mit großem Abstand anführt und ich merke ihm an, dass er sich das selbst nicht so richtig erklären kann. Während andere auf 185 bis 190 Punkte bei ihrer Kür kommen, knackt er fast ausschließlich die 200-Punkte-Marke und stellte 2019 viermal einen neuen Weltrekord auf. Sein Idol war sogar achtmal Weltmeister. Dieses Ziel verfolgt er aber gar nicht. Er will einfach weiter an sich arbeiten, sucht nach der unmöglichen Perfektion. Er hofft eher, dass Kunstradfahren einmal olympisch wird. Er selbst bringt den Sport in eine immer bessere Ausgangslage und versucht auch die Medien mit vielen Briefen von Berichterstattungen zu überzeugen.
Und das gelingt ihm ganz gut. Ob Bayerischer Rundfunk, TV Oberfranken oder die Lokalzeitungen. Oft liest man von diesem „Lukinator“, wie ihn 2014 ein Kadertrainer nannte. Bei den Weltmeisterschaften in der Mercedes-Benz-Arena in Stuttgart schauten an drei Wettkampftagen jeweils 6000 Besucher zu wie er sein Programm abspulte. Neben dem Sportlichen interessiert er sich aber auch für viele Vorgänge hinter den Kulissen. Ich bin mir sicher, dass er sich nach seiner Karriere im Verband für seinen Sport einsetzen wird. Aber das Karriereende ist weit entfernt. Derzeit hofft er wie so viele Sportler bald wieder richtige Wettkämpfe bestreiten zu dürfen.
Nach acht Kilometern muss er etwas kämpfen, aber das meistert er gut. Nach etwas mehr als 10 km stoppt die Uhr bei etwas über 50min – 4:55/km. Sauber. Wie geschrieben, der Mann ist fit und sieht den Lauf als tollen Trainingsreiz. Wir beide sind uns sicher, dass wir demnächst wieder gemeinsam laufen werden. Zum Abschluss werde ich vom Lukinator noch zum Motivator geadelt.
Für Lukas und alle anderen Sportler, die auf eine Halle und eine derzeit geschlossene Sportstätte angewiesen sind hoffe ich, dass wir diese Zeit bald und gut überstehen.
Bis dahin
Viel Spaß beim Sporteln!
Euer Parzi
P.S. Mehr über Lukas kann man unter www.lukas-kohl.de erfahren